Liturgica V

September 2005 — Februar 2009:
• LITURGICA I •
März 2009 — Mai 2012:
• LITURGICA II •
Juli 2012 — Juni 2016:
• LITURGICA III •
Juli 2016 — Epiphanie 2019:
• LITURGICA IV •

Orietur Occidens

Gemeinsamer Neujahrsgottesdienst aller Gemeinden

Sonntag, 13. Januar 2019

Eine Einladung, den Glauben nicht ernst zu nehmen

Ein Krippenspiel, an sich eine schöne Sache, eine Freude für alle Teilnehmer und ihre Angehörigen.
Nur: eine schöne Sache zur falschen Zeit am falschen Ort bringt eine falsche Botschaft mit sich.
Eine «Hl. Messe für die gesamte Stadtpfarrei» ist heute morgen in unserer Kirche im Gründerzeitviertel angesagt; das heißt: in allen anderen Kirche unserer Großstadt fallen die Messen am Vormittag aus; in der abgelegensten Gemeindekirche gibt es deshalb an diesem Sonntag gar keine Messe.
Schon als ich in die Kirche komme, ist zu sehen, daß das nicht gut ausgehen wird: vorm Altar, Rücklehne zum Altar gewandt, steht ein Liegestuhl. Der Hauptzelebrant erklärt, heute werde ein Spiel, ein «Musical», an die Stelle der Predigt treten, darum werde der Wortgottesdienst gekürzt werden.
Die Wirklichkeit: beide Lesungen fallen aus, auf das Tagesgebet folgt sogleich das Halleluja; nach dem Evangelium dann das Krippenspiel.
Dieses beginnt mit emsigem Kulissenschieben durch den ganzen Altarraum hindurch; dabei zeigt sich wiederum, daß der heilige Ort in keiner Weise mehr beachtet wird. Das Spiel ist um ein Mehrfaches länger als eine Predigt, zwischen seinem Inhalt und der Messe gibt es keinen Zusammenhang. Wie zu erwarten, sitzt bald jemand auf dem (aufgerichteten) Liegestuhl, den Rücken zu Altar und Tabernakel. Später stehen noch Kulissen an den Altar gelehnt.
Bei den Vermeldungen schließlich kommen die Akteure noch einmal nach vorne, erhalten Applaus und Blumen, wie es ja Theaterbrauch ist. Dabei stehen sie wieder mit dem Rücken zu Altar und Tabernakel.
Den Jugendlichen ist nichts vorzuwerfen – sie kennen es nicht anders. Das zeigte sich schon vor der Messe: eine der Mitwirkenden trat vor und bat, alle Händies auszuschalten, weil es sonst zu Problemen bei der Technik kommen könne – als sei es nicht schon aus anderen, noch gewichtigeren Gründen selbstverständlich, während eines Gottesdienstes Händygeklingel zu vermeiden.
Die Kirche hat einen großen Gemeindesaal; das Krippenspiel hätte auch dort aufgeführt werden können.
Die Botschaft dieser Aufführung: Für ein Spiel könne die Liturgie mit ihren Schriftlesungen hintangestellt werden. Der Altar – und somit das, was sich auf ihm ereignet – sei weniger wichtig; das Tabernakel – und somit das, was er enthält – sei weniger wichtig.
Karl Rahner, so wird berichtet, habe einmal im Gespräch mit Kardinal Suenens gesagt, «dass die Christen heute eine Tendenz haben, aus dem Christentum eine Abstraktion zu machen.»
Hier erscheint heute der christliche Glaube nur noch als Abstraktion, freilich, „ganzheitlich“ sozusagen, mit Theater ausgeschmückt.

W.H.W

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Orietur Occidens

W.H.W

Mariæ Lichtmeß und St. Blasius

Sonntag, 3. Februar 2019

Ganz am Rande ein schönes Glaubenszeugnis

Heute ist die äußere Nachfeier von Mariæ Lichtmeß; darum brennen in der Kirche am Tannenbaum heute noch die Kerzen.
Aber heute ist auch das Fest des heiligen Blasius; zum Schluß also der Blasiussegen: auf der einen Seite spendet ihn der Priester, auf der anderen ein Laie im Chorhemd. Mit solchem „Blasiussegen“ versehen, möchte ich nicht wagen, Fisch zu essen. Aber ich stehe sowieso auf der rechten Seite.
Während ich auf den Segen warte, sehe ich einen kleinen Ministranten für sich allen in die Sakristei gehen; als er den Altarraum verläßt, macht er, zum Hochaltar gewendet, eine tiefe Kniebeuge – ein wohltuendes Glaubenszeugnis zum Schluß des Gottesdienstes.

W.H.W

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Orietur Occidens

Mariae Verkündigung

Montag, 25. März 2019

Der Raum für Sonntagschristen — der Raum für Alltagschristen

In unserer ehemaligen Pfarrkirche im Gründerzeitviertel werden werktags die Messen in einer kleinen, etwas beengten, wenig bequem ausgestatteten Seitenkapelle gefeiert; so wird der Bußcharakter von Werktagsmessen betont, besonders in der Fastenzeit sehr angemessen.
Doch heute ist ein Hochfest: Mariae Verkündigung.
Schade, die Routine siegt über den Festcharakter: die Festmesse findet wie jede andere Montagsmesse in der Seitenkapelle statt.

W.H.W

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Tabernakel und Legile

Palmsonntag, 14. April 2019

Eine besondere Raumaufteilung um den Altar

Die Kirche ist klein. Die Seitenwände treffen sich im abgerundeten spitzen Winkel im Scheitel des Chorraums. Etwas davor an der rechten Wand ist das Tabernakel aufgestellt. Wenig weiter davor steht ein Legile.
Wie kann bei dieser Raumaufteilung der Lektor anders, als mit dem Rücken zum Tabernakel zu stehen?

W.H.W

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Werktagsmesse

Montag, 15. April 2019

Liturgie an sich

Was alltäglich ist, erscheint nicht erwähnenswert, wird kaum beachtet. Doch oft ist es beachtenswert, heute will ich es erwähnen:
Ich liebe Messen an Tagen, die keine staatlichen Feiertage sind, an kirchlichen Festen, aber auch an einfachen Wochentagen.
Ein Priester, der heute alles wegläßt, was der Volksbelustigung dient, der sich stattdessen ganz auf die Liturgie einläßt. Und Kommunionhelfer gibt es werktags sowieso nicht.
Heute steht der Herr im Mittelpunkt.

W.H.W

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Orietur Occidens

Notre Dame

Montag, 15. April 2019

Lebendige Gotik

Ich war noch Schüler; Gotik sagte mir damals noch nichts. Als ich zum ersten Mal Notre Dame betrat, machte das noch keinen Eindruck auf mich. Dann ging ich am Sonntag darauf dort zur Messe; es war ein feierliches Hochamt. Und da, im Glanz der Liturgie, begriff ich Gotik.
Seither habe ich Chartres gesehen und Reims, Amiens und viele andere gotische Kathedralen und, natürlich, die Sainte Chapelle und Saint Denis, doch bis heute ist Notre Dame für mich der Inbegriff der Gotik geblieben, wohl wissend, daß diese Kirche frühgotisch ist, und ungerührt davon, daß die Architekturtheorie lieber das hochgotische Chartres preist.
Ecce civitas Sancti facta est deserta, domus sanctificationis tuae et gloriae tuae

W.H.W

Orietur Occidens

Präsanktifikatenliturgie

Karfreitag, 19. April 2019

Ein langer Weg zur Karfreitagsliturgie

In unserer Kirche im Gründerzeitviertel gibt es heute keine Liturgie, in der Propstei wird sie ohne Priester abgehalten – der Propst tourt heute bei Protestantens.
Aber da sind noch die Salesianer.
Die Fahrt dorthin ist ausgedehnt – heute gilt der Sonntagsfahrplan –, aber das Wetter ist schön.
Und wenn hier auch die Musik sehr viel weniger reich ist, als ich es bisher aus der Propstei kannte – dort gab es immer eine gesungene Passion –, so sind hier sogar zwei Priester, die die Liturgie feiern
(und es geht sogar ohne Kommunionhelfer).
Bemerkenswert ist, daß der Zelebrant es für begründenswert hielt, daß er die Großen Fürbitten ungekürzt vorgetragen hat.

W.H.W

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Orietur Occidens

Das treffendere Wort

Ostersonntag, 21. April 2019

Predigt der Worte – Predigt der Töne

Die Predigt im Osterhochamt ist treffend und sehr kurz. Dann gibt der Prediger der Orgel das Wort: er kündigt ein längeres Orgelstück an, das, von einem modernen Komponisten, die Auferstehung Christi darstellt; er erklärt noch die Bedeutung der einzelnen Sätze.
Es wurde intensiver zugehört als bei den meisten Predigten aus Worten, und auch vom geistlichen Gehalt wurde wohl mehr wahrgenommen.

Ostermontag, 22. April 2019

Der richtige Text des Glaubensbekenntnisses

Eine Aufnahme in die katholische Kirche; darum ist uns heute das „Große Glaubensbekenntnis“ vergönnt, das Nicæno-Constantinopolitanum.
Im neuen GL steht es links auf Deutsch, rechts auf Latein. Doch das lateinische «Credo» ist im Deutschen mit «Wir glauben» übersetzt *.
Woher solch ein Fehler? Anzunehmen ist, daß das «Wir» auf die Konzilstexte zurückzuführen ist. Wenn ein Konzil ein Symbolon ausspricht, ist es das gemeinsame Bekenntnis der Konzilsväter; dort heißt es darum «Pisteúomen – Wir glauben». Doch in der Liturgie geht es um das Bekenntnis jedes einzelnen, darum «Ich glaube». Daher heißt es in der griechischen Liturgie «Pisteúo», in der slawischen «Věrujǫ», in der lateinischen «Credo».
Der Propst hat das Mikrophon. Er berichtigt, er sagt: «Ich glaube», «ich bekenne», «ich erwarte».

*Siehe: Nachlese ♦ 1.

W.H.W

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Zu Gast bei muslimischen Freunden

Mittwoch, 1. Mai 2019

Bekenntnis und Rücksichtnahme

Zu Gast bei muslimischen syrischen Freunden. Die Dame des Hauses bittet mich, das Tischgebet zu sprechen. Was nun ist der rechte Weg, der Bekenntnis angemessen mit Rücksichtnahme verbindet?
Natürlich mache ich das Kreuzzeichen. Aber das «durch Christus, unseren Herrn», das die Gastgeber nicht mitbeten könnten, spreche ich nur leise.
Das Essen war köstlich.

W.H.W

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Orietur Occidens

Die Gewichtung der Messe

Montag, 6. Mai 2019

Messe oder Vortrag?

Ein sehr interessanter Vortrag im Gemeindesaal unserer Kirche im Gründerzeitviertel, veranstaltet von der Katholischen Akademie: «Mit Pluralität leben – muslimische Lebenswelten in Deutschland und Sachsen».
Nur leider: er beginnt heute um 18 Uhr – um 18 Uhr aber wird in der Kirche die Messe zelebriert, die einzige Messe des Tages hier.

Festlicher Raum fürs vergessene Fest

Die Messe aber gewährt uns eine zusätzliche Freude: unsere Klage, daß Festtage beim Raum für die Meßfeier nicht beachtet werden, ist erhört worden: Wenn auch das heutige hohe Fest, das des heiligen Johannes an der Lateinischen Pforte, im neuen Kalender gar nicht erscheint, so wird die Messe heute doch festlich am Hochaltar gefeiert.

W.H.W

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Orietur Occidens

Der Kommunionritus

Sonntag, 26. Mai 2019

Mut zur Eigenständigkeit

Eine größere Zahl kleiner Ministranten ist heute am Altar.
Sie stehen nebeneinander aufgereiht, die Kommunion zu empfangen. Wie heutzutage üblich, empfangen sie sie stehend in die Hand. Doch ein Mädchen zeigt sich eigenwillig: es kniet nieder, um sie in den Mund zu empfangen.

W.H.W

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Messe und Ökumenischer Gottesdienst

Christi Himmelfahrt, 30. Mai 2019

Ein langer Weg zur Festmesse

Für den Festtag ist in einem Vorort ein Ökumenischer Gottesdienst «im Rahmen der 8. Sächsischen Landesgartenschau im Naturerlebnisraum ...» angesagt, morgens um 10 Uhr.
In der Kirche dieses Vororts pflegt an Sonntagen um halb 9 die Messe gefeiert zu werden. Doch heute fällt sie aus. Die Gläubigen am Ort werden sich auf den Weg zur 10-Uhr-Messe in der Kirche im Gründerzeitviertel machen müssen, 12 km weit.
Doch wenn von ihnen jemand an jenem Ökumenischen Gottesdienst teilnehmen wollte, bliebe ihm nur der Weg zur Propstei, noch einmal 2½ km weiter, wo um halb 9 eine Messe gefeiert wird; und danach gilt es, sich schleunigst ins Auto zu schwingen (oder aufs Motorrad – mit anderen Verkehrsmittel ist es nicht zu schaffen, einen Hubschrauber hat hier niemand), um vielleicht gerade noch rechtzeitig zum Naturerlebnisraum zu gelangen. Auch die Bewohner der Stadt haben keine andere Möglichkeit: die an Sonntagen gewohnten Abendmessen, am Vorabend in der Kirche im Gründerzeitviertel, am Abend des Festtags in der Propstei, werden an diesem Festtag nicht gefeiert (ebensowenig wie die 10-Uhr-Messe in der Propstei).
Aber ein Trost: die Erfahrung vom letzten Sommer zeigt, daß es sowieso nicht sehr lohnt, zu solch einem Ökumenischen Gottesdienst zu gehen.
À propos ökumenisch: die evangelischen Innenstadtgemeinden der Stadt feiern an diesem Tag um 10 Uhr einen gemeinsamen «Gottesdienst im Grünen» in einem Park bei einer der Innenstadtkirchen.

Eine wahre Festmesse

Ich aber bin bevorzugt, wohne nicht im Vorort, sondern im Gründerzeitviertel.
Die 10-Uhr-Messe hier ist keineswegs überlaufen; offenbar sind die meisten zur Halb-9-Messe in die Propstei ausgewichen. So kann diese Messe ruhig und festlich gefeiert werden, fast frei von pastoralpädagogischem Beiwerk. Und als die Kommunion ausgeteilt wird – nur vom Priester selbst –, bemerke ich, wie viele es mittlerweile sind, die sie als Mundkommunion entgegennehmen.
Nicht etwa, daß die Handkommunion zu bemängeln wäre, wenn sie in rechter Form und mit der nötigen Achtsamkeit – so wie wir es anderswo dargestellt haben – und mit der «geschuldeten Ehrfurchtsbezeugung» entgegengenommen würde; doch da das in unseren Kirchen nur allzu selten so geschieht, ist es wohltuend, Menschen zu sehen, die sich davon absetzen und zur Mundkommunion zurückkehren.

W.H.W

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Syro-antiochenische Liturgie

Sonntag, 2. Juni 2019

«Weil dem seligen Gregor zufolge Handlungen mehr als Worte belehren»

Eine lange Eucharistiefeier in einer syro-antiochenischen Kirche in Norddeutschland. Von den aramäischen Texten verstehe ich nur einzelne Worte; und dennoch kann ich an dieser Messe intensiver teilhaben als an den meisten Messen in den Pfarrkirchen unseres Ritus.
Die Gesten des Ritus und der Klang der Gesänge sagen viel mehr, als Reden oder Erklärungen es können. Darüber hinaus: Priester, Diakon, die zahlreichen Ministranten und Sängerinnen richten all ihre Aufmerksamkeit darauf, die Riten als wirklichen Gottesdienst zu vollziehen, ohne irgendetwas an Eigenem dazugeben zu wollen. So wird in der Sorgsamkeit ihres Handelns ihr Glaube sichtbar, ihr Glaube an Den, den sie feiern; sie alle werden so mit ihrem Tun zum Exemplum, zum Beispiel, zum Vorbild des Glaubens.
«Quoniam secundùm Gregorium beatum plùs docent facta quàm verba, & magis movent exempla quàm prædicamenta ... – Weil dem seligen Gregor zufolge Handlungen mehr als Worte belehren und Beispiele mehr als Predigten bewegen ...», zitierte der verehrungswürdige Abt Johannes von Ellenbogen den heiligen Papst.
Venerabilis Joannis de Ellenbogen abbatis Waldsassensis Ordinis Cisterciensis de Vita venerabilium Monachorum Monasterii sui Liber, in: Bernardi Pezii ... Bibliotheca ascetica antiquo-nova, tomus VIII. Ratisbonae 1725, p. 465 sqq. / p. 469

W.H.W

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Eucharistische Anbetung

Sonntag, 16. Juni 2019

Was wichtig ist in der Kirche von heute

Fronleichnam ist in Obersachsen kein staatlicher Feiertag; darum gibt es an diesem Tag zwar Festmessen, aber die äußere Feier ist auf den nächsten Sonntag verlegt.
In den heutigen Vermeldungen nach dem Schlußgebet wird hingewiesen auf das Straßenfest nach der Prozession und das Seifenkistenrennen; aber von der eucharistischen Anbetung am Nachmittag ist nicht die Rede (und ebensowenig in den ausgedruckten und ins Netz gestellten Vermeldungen).

W.H.W

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Festhochamt

Ss. Peter und Paul, 29. Juni 2019

Abiturienten, die keiner Jugendmesse bedürfen

Im Kölner Dom ist heute für 12 Uhr eine Messe angezeigt. Ich lese noch im Netz: «Abschlußmesse ...», aber hoffe, doch eine Messe zum heutigen Hochfest zu erleben.
Ich habe damit recht behalten: es ist die «Abschlußmesse des Abiturjahrgangs 2019 der Liebfrauenschule Köln», doch mit Jugendmessen hat sie wenig gemein; es ist eine würdige Festmesse. „Jugendgemäßes“ beschränkt sich auf zwei NGL-Lieder, «Suchen und fragen» zur Gabenbereitung, ein Lied vom Typus „irische Segenssprüche“ zum Auszug; im übrigen ist der Gesang – mit einem sehr guten „Projektchor“ – wohltuend anspruchsvoll.
«Suchen und fragen» (GL 457) ist allerdings ein flacher Text, der dem besonders weh tut, der «Aube nouvelle» kennt, das Lied, von dem die Melodie stammt.
Bemerkenswert nur die freien Texte:
Zu Anfang eine Begrüßung durch den konzelebrierenden Priester:
lang, geistlicher Gehalt: ca. 5 %.
Darauf eine „Einführung“ durch eine Schülerin:
kurz, geistlicher Gehalt: ca. 50 % (oder etwas mehr).
Später dann die Predigt:
von angemessener Länge, geistlicher Gehalt: 0 % – der Prediger vollbringt es, in den Mittelpunkt den Schlußstein zu stellen, ohne je darauf hinzuweisen, daß der Schlußstein ein Symbol Christi sein kann.

W.H.W

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Gregorianik

Sonntag, 1. Juli 2019

Liturgie und Freude

Heute nehme ich am Sonntagshochamt in einer Kirche der Petrusbruderschaft teil, wo ich weder eine Begrüßungsansprache noch eingestreute Belehrungen zu befürchten habe, weder laïkale Kommunionhelfer noch Vermeldungen nach der Kommunion noch einen Schönen-Sonntag-Wunsch.
Als „Carmen“ haben die Christen der frühen Märtyrerzeit Plinius gegenüber (Ep. ad Trajanum 96, 7) ihren Gottesdienst beschrieben, als Gesang, den sie Christus singen. Ein Carmen ist auch die Messe hier: sie wird gesungen; wenigem nur, Predigt, Schuldbekenntnis, Segen, ist der Sprechton vorgehalten. Was die Messe vom ersten Ton an kennzeichnet, ist Freude.
Die geistliche Bedeutung der Messe sowie des besonderen Festes ist bekannt aus der Glaubenslehre, erscheint im Wortlaut der liturgischen Texte. Was der gregorianische Gesang hinzugibt, ist das innere Erleben, ist die Freude.

W.H.W

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Klerikalismus

Sonntag, 29. September 2019

Ein Priester, der es gut meint

Sonntagshochamt in einer schwäbischen Diasporastadt. Der Priester beginnt mit «Guten Morgen», worauf die Gemeinde im Chor «Guten Morgen» erwidert. Es ist nicht der Gemeindepfarrer; er sagt, daß er schon länger nicht mehr hier gewesen sei. Dann beginnt er über Bankreihen hinweg eine kleine Plauderei mit einigen Anwesenden.
Das Evangelium ist das vom reichen Prasser und vom armen Lazarus. In der Predigt erklärt er, daß er den Moralismus und die Strafdrohung des Textes anstößig findet; doch irgendeine Botschaft, die er akzeptieren kann, meint er doch noch aus ihm herausziehen zu können.
Aber er erklärt auch sein Unbehagen, er erklärt, daß er mit Drohungen erzogen worden sei. So kann ich ihm das Unbehagen nicht verdenken, daß dieser Text in ihm auslöst; nur: sein Unbehagen ist kein Thema für die Gemeinde, solange er nicht auch einen Weg aufzeigt, den Text nichtsdestoweniger ungeschmälert anzunehmen.
Die Texte der Liturgie sind zum Teil selbstgemacht; «Der Herr sei mit euch» wird stets ersetzt durch «Der Herr ist mit euch», und die Gebetstexte sind eigene moralische Worte, so auch der Beginn des Hochgebets. Zum Vater unser hält er Hände mit den Ministrantinnen, er selber steht dabei seitlich am Altar; die Gemeinde scheint das gewohnt zu sein, auch in ihren Reihen werden Hände gehalten. Zum Friedensgruß verläßt er den Altar, geht er in den Mittelgang, um Hände zu schütteln.
Nach den Vermeldungen erklärt er, daß er es schön finde, wieder hier gewesen zu sein; und aus der Gemeinde antwortet eine Frau, daß auch sie das schön finde.
Doch seine anschließenden guten Wünschen an die Gemeinde weiß er dankenswerterweise so mit dem Segen zu verbinden, daß es zu keinem «Danke, gleichfalls» kommt.
Der Priester meint es gut; er will der Gemeinde helfen, mit der Liturgie, mit den Texten, die ihm nicht zugänglich sind, zurechtzukommen. Doch wenn ein Priester meint, besser zu wissen als die Kirche, was der Gemeinde zuträglich ist, so ist das klerikale Hybris.
Es ist nicht der Gemeindepfarrer; aber das Verhalten der Gemeinde zeigt, daß allsolches ihr wohlvertraut ist.
Es ist Jahrzehnte her, daß ich öfters in dieser Kirche war. Damals habe ich erlebt, wie an die Kirche ein Flügel angebaut wurde, weil sie zu klein für die Gemeinde war, ein Flügel, der allerdings stilistisch so vom Kirchenschiff abweicht, daß dessen architektonische Wirkung aufgehoben ist.
Heute aber wäre das alte Kirchenschiff ohne den Anbau völlig ausreichend.

W.H.W

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Ausdruck des Glaubens

Montag, 31. September – Freitag, 4. Oktober 2019

Sichtbarer Glaube

«Weil dem seligen Gregor zufolge Handlungen mehr als Worte belehren und Beispiele mehr als Predigten bewegen ...», zitierte der verehrungswürdige Abt Johannes von Ellenbogen den heiligen Papst. Wenn auch «facta» eine weitere Bedeutung hat als «Handlungen», so gilt dies eben auch für liturgisches Handeln, das den Glauben und die Ehrfurcht zeigt.
Ebendies zeigen mir die Seminaristen der Petrusbruderschaft, die Küsterdienste leisten: nie lassen sie die Kniebeuge aus, wenn sie am Tabernakel auf dem Hochaltar vorbeigehen, auch nicht, wenn sie, um die Kerzen anzuzünden oder zu löschen, kurz von der einen zur anderen Seite des Altars gehen oder wenn sie, um den Altar abzuräumen, einige Leuchter tragen.
So wird ihr Glaube sichtbar.

W.H.W

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Vermeldungen

Sonntag, 27. Oktober 2019

Nach der Kommunion

.. und gegen Ende wurde noch mitgeteilt, daß eine Volleyball-Mannschaft von Angehörigen der Gemeinde ein Spiel gewonnen hat.

W.H.W

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Orietur Occidens

Klerikalismus

Sonntag, 5. Januar 2020

«Willkommen zu dieser Messe!»

Sonntagshochamt in den Tiefen des Oberbergischen Landes.
«Willkommen zu dieser Messe!» beginnt der Priester.
Es klingt, als sei die Gemeinde bei diesem Priester zu Gast, stehe nicht etwa gemeinsam mit ihm vorm Herrn.
Nur eine Äußerlichkeit? Der weitere Ablauf der Messe zeigt, daß es mehr ist.
Jede Gelegenheit in der Messe, jede Fuge der Liturgie nutzt der Priester für Kommentare und Regieanweisungen. Wo das nicht möglich ist, so etwa bei den Fürbitten, stellt er sich, zur Gemeinde gewendet, in den Blickpunkt und zieht bei Gelegenheit durch Gesten Aufmerksamkeit auf sich.
Daß es in der Messe nicht nur um ihn geht, wird nicht sichtbar.
Den Kindern gefällt es, so höre ich, die Jugendlichen bleiben weg.

W.H.W

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Kommunionausteilung

Sonntag, 19. Januar 2020

Wohltuender Fortschritt IV

Oft sind es kleine Fortschritte, die wenig beachtet werden und doch geistlichen Gewinn bringen. Darum seien sie hier wieder gewürdigt.
Da war die Sonntagsmesse am äußersten Rande einer entlegenen Kleinstadt. Die Gemeinde ist durchaus nicht klein, aber dennoch: die Kommunion teilt der Priester allein aus.
So erlebe ich Achtung vor dem Sakrament und vor den Kommunikanten.

W.H.W

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Der richtige Text, die richtige Melodie

Sonntag, 26. Januar 2020

Wohltuender Fortschritt V

Aber auch im Großstädtchen ist solcher Fortschritt zu erleben, so im Sonntagshochamt in der Propstei.

Schuldbekenntnis und Kyrie

Der Priester: Er läßt das Schuldbekenntnis vorm Kyrie sprechen, das Kyrie folgt danach. Und es ist das einfache, untropierte Kyrie.
Gegen ein tropiertes Kyrie alter Art, das regelmäßig trinitarisch war *, ist natürlich nichts zu sagen; doch die des GL sind sämtlich so gestaltet, daß allein Christus angesprochen wird.

Gradualton

Der Kantor: Er singt als Graduale (wie dankenswerterweise jetzt oft) in einem richtigen Gradualton, nicht etwa in einem der Psalmtöne des GL.

Invitationen

Der Lektor: Er spricht am Legile die Gebetseinladungen zu den Fürbitten. Immer wieder ist zu erleben, daß ein Lektor Gebetseinladungen spricht, die selbst schon als Gebete formuliert, an den Herrn gerichtet sind – und nichtsdestoweniger steht er zum Volk gewandt, nicht zum Altar. Heute aber spricht er, da ja das Legile zur Gemeinde gewendet steht, folgerichtig die Gemeinde an &ndash «Laßt uns beten für ...» – an den Herrn richtet sich dann die Anrufung der Gemeinde.

* W.H.W.: «Kyrie eleïson». E&E 20 (2015), S. 30-32

W.H.W

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Corona

Samstag, 18. April 2020

Teilnahme an der Liturgie durchs Netz

Seit Ende Februar werden in Deutschland Fälle von Erkrankung an Covid 19 beobachtet. Am Ersten Fastensonntag wurde in der Messe, an der ich teilnahm, um dieses Virus willen, so wurde ausdrücklich angesagt, die Kommunion nur als Mundkommunion gespendet, nicht als Handkommunion. An nächsten Sonntag, in einer anderen Kirche, wurde um dieses Virus willen, so wurde ausdrücklich angesagt, die Kommunion nur als Handkommunion gespendet. Am nächsten Sonntag war die Teilnahme an einer Messe schwierig, seit dem darauf folgenden, seit Lætare, nur noch durchs Netz möglich. So konnte ich durch solche Übertragungen verschiedene Kirchen kennen lernen.
Die erste lieferte bereits den Tiefpunkt: zwei Damen und zwei Herren waren auf einer Doppeleckbank um einen kleinen Wohnzimmertisch herum versammelt , und einer der Herren, durch Sackalbe und Stola als Priester ausgewiesen, beginnt zu plaudern. Ich habe schnell weitergesucht.
Den Höhepunkt bietet Le Barroux. Über dieses Kloster hat bereits Tatjana Goritschewa Worte geschrieben, denen nicht hinzuzufügen ist. Gemäß einem sinnvollen und wichtigen Dekret der Gottesdienstkongregation sind, um sich im Gebet mit ihnen zu vereinigen, nur direkt übertragene Zelebrationen zu nutzen, keine Aufzeichnungen. Demgemäß überträgt Le Barroux Messen – anders als Stundengebete, von denen Tonaufzeichnungen aufgezeichnet werden – nur direkt.
Sehr gut zu sehen ist bei der Videoübertragung, warum die Haartracht der Mönche als „Corona“ bezeichnet zu werden pflegt.
Leider gab es während der Karwoche einen Einbruch der Technik, durch die die Ausstrahlungen ständig unterbrochen wurden; am Montag, den 20. April, hofft man in Le Barroux die Technik wiederhergestellt zu haben.
Während Le Barroux weitgehend dem Ordo von 1965 folgt, dem Konzilsordo, werden Messen im außerordentlichen Usus von der Petrusbruderschaft aus der Canisiuskirche in Saarlouis übertragen. In einer schönen Kapelle zelebriert ein Priester, und ein Zweiter wirkt als Ministrant mit und zugleich, mit vollem Ton, als Ein-Mann-Chor; er singt das lateinische Ordinarium und deutsche Lieder. «Wenn ihr nicht ... werdet wie die Kinder» – zusätzliche Gebete und die Predigt folgen dieser Regel.
Im Novus Ordo zelebriert im Kölner Dom der Kardinal pontifikal. Die Größe des Doms gestattet einige Mitwirkende in gebührendem Abstand. Ein Diakon und drei Ministranten wirken mit; ein Chor aus vier Personen singt vierstimmig in hoher Qualität – hochachtenswert ist auch die Auswahl der Kompositionen, so am Ostersonntag eine Messe von Claudio Crassini.
 
Durch die Beschränkungen ist es die große Stunde der geistlichen Gemeinschaften, die, da sie zusammenleben, auch gemeinsam Gottesdienst feiern dürfen. Eine besondere Entdeckung ist für mich die Famille Missionnaire de Notre-Dame. Von ihr werden Messen im Novus Ordo bester Form übertragen, mit nicæno-konstantinopolitanischem Glaubensbekenntnis und meistens römischem Kanon, Sanctus und Agnus Dei zumeist auf Latein; die Vermeldungen werden im wesentlichen schon nach den Fürbitten vorgetragen, nicht nach der Kommunion. Meistens wird aus einem schlichten Raum übertragen, den nur die Ausstattung zur Kapelle macht; doch in der Osternacht zeigt sich, daß es auch einen eindrucksvollen Kirchenraum gibt. Es wird so langsam und deutlich gesprochen, daß auch für den nur beschränkt sprachkundigen Deutschen genug zu verstehen ist; und seitlich neben der Video-Übertragung werden zudem Meßtexte angezeigt.
Achtenswert auch die Kameraführung: meistens unbewegt der Altarraum in Totale, gelegentlich jemand, der Lektor etwa, in Halbtotale; aber Nahaufnahmen von Priester oder Lektor, die anderswo dominieren und so von der Ausrichtung auf die Liturgie als Ganzes ablenken, gibt es kaum.
Hier zeigt sich, wie eine Messe im Novus Ordo gestaltet ist, die geistlich bestandhat: Alle Mitwirkenden – es sind etliche – zeigen sich in all ihren Bewegungen auf die Mitte ausgerichtet, auf das liturgische Geschehen, auf den Altar. Außer der Predigt wird wenig gesagt, was nicht den liturgischen Texten entstammt. Allerdings, nach dem Schlußgebet, spricht der Hauptzelebrant noch einige Worte. Doch weder wünscht er «einen schönen Sonntag», noch beginnt er zu erzählen; es sind eher meditative Worte. Nun kennt der erfahrene Katholik den Schrecken, wenn nach der Kommunion ein «meditativer Text» angekündigt wird (oder gar «zur Verlesung kommen» soll); doch hier ist es anders: es sind wirklich meditative Worte des Priesters, noch geprägt vom Erlebnis der heiligen Feier, nicht minder zu sich selbst als zur Gemeinde gesprochen.
Hier herrscht die Hinwendung zum Herrn, zur Liturgie vor; es gibt keinen Klerikalismus, der den Priester ins Rampenlicht rückte.

W.H.W

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Das Wesen des Gottesdienstes

Freitag, 5. Juni 2020

Gute und schlechte Lehren aus der Zeit der Verbote

Wie schade! Was sehr erfreulich ist, die Wiederzulassung öffentlicher Gottesdienste in Frankreich, hat dazu geführt, daß die Messen aus Le Barroux nicht mehr übertragen werden. Am vergangenen Samstag konnte ich noch durchs Netz an der Pfingstvigilmesse und an der pfingstlichen Pontifikalvesper teilnehmen; nun hatte ich auf die Quatembermesse des Pfingstsamstags gehofft, aber vergeblich.
Die Messen, denen ich in der Zeit der Einschränkungen beiwohnen konnte, aus Le Barroux im Konzils-Ordo, aus Saint-Pierre-de-Colombier von der Famille Missionnaire de Notre-Dame im Neuen Ordo, sind beispielhaft. So ist zu hoffen, daß die Zeit der Verbote auch in Deutschland eine liturgische Neubesinnung zur Folge hat.
Aber was stand guter Liturgie bisher vielerorten entgegen?
Beispielhaft für die Denkweise, die schlechter Liturgie zugrunde liegt, scheint mir ein Interview zu sein, das, bereits nach Ende der strikten Verbote, in der Tageszeitung veröffentlicht wurde (Coach über Kirche in der Coronakrise: „Auf dem Sofa predigen“. taz vom 3. 5. 2020). Interviewt wurde Felix Ritter, hier als „Kirchen-Coach“ bezeichnet.
Er sagt dort sehr Einschlägiges: «Deshalb schlage ich für den Gottesdienst eine Orientierung am TED-Talk vor. Das heißt, ich rede nicht einfach über ein Thema, sondern ich mache einen Vorschlag, gebe eine Idee mit, biete etwas an – gewissermaßen lösungsorientiert.»
Herr Ritter ist „Trainer für Kommunikation, Präsentation und Soft Skills“; und ich zweifle nicht, daß er zur Kommunikation Nützliches zu sagen weiß, das auch in Predigten anwendbar sein mag. Nur: er schlägt nicht nur für die Predigt, sondern «für den Gottesdienst eine Orientierung am TED-Talk vor». Das hat einschneidende Folgen. Auf die Frage, wie ein Online-Gottesdienst die Gemeinde ersetzt, antwortet er: «Meine erste Idee war, vom Sofa aus zu predigen. Indem ich meine Alltagswelt zeige, vielleicht einen Kaffee trinke und versuche, so natürlich wie möglich zu reden, sogar zu plaudern ... Vielleicht kann man dann auch versuchen, ein wenig mit der Kamera zu flirten.» Damit ist er dem oben genannten Tiefpunkt der im Netz übertragenen Gottesdienste sehr nahe.
Herr Ritter ist Trainer der ZDF-Fernsehgottesdienste und Dozent an evangelischen Predigerseminaren (evangelisch.de). Auf der Seite „Workshop Kirche“ seines Netzauftritts finden sich Sätze wie: «In einer geschützten Workshopsituation werden liturgische Abläufe unter dem Gesichtspunkt ihrer theatralen Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit praxisnah untersucht und spielerisch neu erfahren» (unter „Die Rollen der Liturgen“) und «Spielorte werden begangen und spannende, neuartige liturgische Bausteine werden getestet und erprobt» (unter „Training ZDF-Fersehgottesdienst“). Für Herrn Ritter ist ein Gottesdienst offensichtlich eine Lehrveranstaltung, in der es legitim ist, zum guten Zweck – eine Botschaft zu vermitteln – «neuartige liturgische Bausteine» einzubauen und mit «theatralen» Elementen zu hantieren. Doch daraus wird eben eine Lehrveranstaltung, kein Gottesdienst, es wird daraus eine Vorführung, keine wirkliche unmittelbare Begegnung mit dem Herrn.
Solch ein „Gottesdienst“ entspricht einer sehr protestantischen und insbesondere reformierten Vorstellung, die die Eucharistie und überhaupt die wirkliche Begegnung mit dem Herrn nicht kennt (ein Mangel, den dann die charismatische Bewegung auf ihre Weise zu beheben suchte). In der katholischen und orthodoxen Kirche aber, wo man weiß, was Gottesdienst wirklich ist, ist solch eine Vorstellung nicht möglich.
Dennoch habe ich oft den Eindruck, daß es auch katholische Geistliche gibt, die ähnlich denken.

W.H.W

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Stundengebet im Netz

Samstag, 6. Juni 2020

Was von uns von Le Barroux bleibt

Nachdem nach dem Abflauen der Krankheit keine Messen mehr aus Le Barroux übertragen werden, bleibt doch das gesungene Stundengebet von den Laudes bis zur Komplet, allerdings nur mehr Audio.
Unter Pour suivre les offices sind die Texte zu finden, unter Pour voir l'ordo en ligne das Direktorium.
Beachtenswert ist, daß in der I. Vesper (jeweils um 17.30) von Festen und besonderen Sonntagen ein Responsorium prolixum gesungen wird, das im Antiphonale Monasticum, ad libitum zu singen, nur «ad calcem Antiphonarii» zu finden ist (Oecodomonti Dank für den Hinweis!).
Exkurs:
Es gibt im Stundengebet einige Unterschiede zwischen der stadtrömischen Ordnung, die sich durch die tridentinischen Bücher (denen sich auch Antiphonale und Breviarium Monasticum und Liber Responsorialis anschließen) über den ganzen Raum des römischen Ritus verbreitet hat, auf der einen und den übrigen Kirchen des römischen Ritus auf der anderen Seite.
Besonders zu nennen ist:
♦ In der stadtrömischen Ordnung folgt an Sonn und Feiertagen auf die 9. Lesung der Matutin sogleich das Te Deum, während überall sonst ein 9. Responsorium vorangeht. Dies gilt allerdings nur für den römischen Cursus: im monastischen folgt allüberall auf die 12. Lesung ein 12. Responsorium.
♦ Der römische Cursus kennt keine Responsorien in Laudes und Vesper, der monastische hat dort Responsoria brevia. Doch außer in der stadtrömischen Ordnung hat die I. Vesper von Festen und besonderen Sonntagen – denen des Advent, denen der Septuagesimal- und Fastenzeit sowie denen, an denen eine Historie beginnt, ein Responsorium prolixum.
♦ In der stadtrömischen Ordnung folgt im Triduum sacrum in den Laudes aufs Benedictus sogleich Xp’s factus est – dessen Text hier Tag für Tag um ein Stück verlängert wird – und dann Pater noster und der Psalm Miserere. In den übrigen Kirchen aber gibt es eine feierlichen Übergang zum Miserere.
K’e – Xp’e – K’e eleison
Vs Qui passurus advenisti propter nos
Dñe miserere
Xp’s Dñs factus est pro nobis ...
K’e – Xp’e – K’e eleison
Vs Qui prophetice promisisti: ero mors tua o mors
Dñe miserere
Xp’s Dñs factus est pro nobis ...
K’e – Xp’e – K’e eleison
Vs Qui expansis in cruce manibus traxisti omnia ad te sæcula
Dñe miserere
Xp’s Dñs factus est pro nobis ...
Vs Mortem autem crucis

W.H.W

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Fürbitten

Fronleichnam, 11. Juni 2020

Wohltuender Fortschritt VI

Vor langem schon ist uns aufgefallen, daß für Verstorbene aus der Gemeinde an die Vermeldung der Beisetzung nach der Kommunion eine Fürbitte angehängt wird, wenn alles sitzt, lässig zu- oder auch weghört.
Wiederholt ist uns aufgefallen, daß Fürbitten, die aktuell für einen besonderen Gottesdienst formuliert sind, gleichsam literarisch von den Meßtexten abgeleitet sind, weniger den wirklichen aktuellen Anliegen der Gemeinde gelten. Daß, was in der vorformulierten Fürbittlitanei des byzantinischen Ritus ganz selbstverständlich ist, daß in sie namentliche Bitten für einzelne Kranke eingefügt werden – «.. und richte sie auf von ihrem Lager!» –, in den frei zu formulierenden Fürbitten unserer westlichen Kirchen nur selten vorkommt.
Doch heute ist in unserer Propstei alles in bester Ordnung: für den Kranken wird in den Fürbitten gebetet und ebenso für den Verstorbenen – da also, wo wirklich gebetet wird, es nicht als beiläufig beigefügte Formel erscheint.

W.H.W

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Authentische Konzilsdekrete

Montag, 13. Juli 2020

Der Weiheritus: Papst Pius XII. und das Florentinum

Die Vorgeschichte: Zweimal hat Sandro Magister auf Settimo Cielo Kardinal Brandmüller das Wort gegeben, das II. Vaticanum gegen Angriffe zu verteidigen: zuerst gegen Mons. Viganò, der sich gegen dieses Konzil insgesamt wandte, dann gegen Mons. Athanasius Schneider, der die Berichtigung einzelner Lehren forderte, zusammen mit dem Hinweis, das früher schon die Kirche falsche Lehrentscheidungen – natürlich keine definierten Dogmen – von Konzilien aufgehoben habe; zwei Beispiele nennt er dafür.
 Gegen Mons. Viganòs Angriff zeigt Kardinal Brandmüller auf, daß die Konzilsdekrete aus ihrer Zeit, nicht aus der unseren heraus zu begreifen sind und so recht verstanden keine Irrlehren sind. Hier ist ihm völlig zuzustimmen.
 Gegenüber Mons. Schneider stellt er im einen Fall klar, daß das betreffende Dekret die Irrlehre, die Mons. Schneider darin sieht, gar nicht enthält. Im anderen Fall aber bedarf Kardinal Brandmüllers Argumentation näherer Erörterung.
Im Decretum pro Armeniis hatte 1439 das Concilium Florentinum erklärt, daß die „Übergabe der Instrumente“ die Materie des Weihesakraments sei; Pius XII. hat das 1947 mit der Apostolischen Konstitution Sacramentum Ordinis (DS 3860) berichtigt, erklärt, daß die Materie des Sakraments die Handauflegung durch den Bischof ist.
Diese Erklärung des Florentinum tut Kardinal Brandmüller damit ab, daß «das Konzil von Florenz in Bezug auf die Priesterweihe gar nicht die Lehre behandelt hat. Es regelte nur den liturgischen Ritus.»
Auf den ersten Blick erscheint diese Aussage des Kardinals falsch. In der Einleitung zum Abschnitt über die Sakramente – Quinto (DS 1310) – schreibt das Konzil, es lege «die Wahrheit der kirchlichen Sakramente zur leichteren Belehrung für ebendiese sowohl gegenwärtigen wie auch zukünftigen Armenier unter dieser sehr kurzen Formel dar.» Dann wird erklärt (DS 1312), daß zur Sakramentenspendung dreierlei gehört: Dinge als Materie, Worte als Form und die Person dessen, der das Sakrament spendet mit der Intention, zu tun, was die Kirche tut. «Wenn davon etwas fehlt, kommt das Sakrament nicht zustande.
Soweit scheint es deutlich als Lehraussage – natürlich nicht als Lehrdefinition – anzusehen zu sein.
Dann heißt es zum Weihesakrament (DS 1326): Seine «Materie ist das, durch dessen Übergabe der Weihegrad übertragen wird: so wie das Priesteramt übertragen wird durch die Überreichung des Kelchs mit Wein und der Patene mit Brot; ...». Dann wird als Form der Priesterweihe noch die römische Weiheformel angeführt. «Und so ist es mit den Formen der anderer Weihegrade, dem zufolge, wie es ausführlich im Pontificale Romanum enthalten ist.»
Soweit kann man hier aus dem Text nur eine Lehraussage erkennen, die in der Tat falsch wäre und darum von Pius XII. berichtigt worden ist.
Implicite aber wird klar, daß das Konzil selbst das nicht als verbindliche Lehre genommen hat.
In allen Ostkirchen wurde die Weihe anders vollzogen, so eben, wie Pius XII. den Weiheritus definiert hat. Der Lehrauffassung des Florentinum zufolge – wenn es denn eine verbindliche Lehre wäre – wären darum alle ostkirchlichen Priesterweihen ungültig. Das Florentinum war ein Unionskonzil; es wurden Unionen mit den Griechen, Armeniern und anderen Ostkirchen geschlossen, ohne daß von ihnen gefordert worden wäre, all ihre Priester neu zu weihen. Das heißt, daß die Konzilsväter des Florentinum selber jene scheinbare Lehraussage nicht als verbindlich nahmen.
Demzufolge liegt hier keine authentische Lehraussage des Konzils vor. Vielmehr wirkte hier bereits jene Latinisierungstendenz, die 160 Jahre später in der „Synode“ von Diamper ihren Höhepunkt fand, die der Einheit der Kirche außerordentlichen Schaden zugefügt hat.

DS: Denzinger-Schönmetzer: Enchiridion Symbolorum. Barcelona – Freiburg i. Br. 1963
• Denzinger 1957 •

W.H.W

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Kommunionausteilung

Sonntag, 26. Juli 2020

In persona Christi

Sonntagshochamt in St. Afra in Berlin. Ein Priester wohnt der Messe im Chor mit Chorhemd und Stola bei. Dennoch nimmt es der Zelebrant auf sich, allein die Kommunion auszuteilen.
Bei ähnlicher Zahl von Kommunikanten habe ich es im „ordentlichen“ Usus erlebt, daß ein Kommunionhelfer eingesetzt wird.
Siehe auch: • Kommunionausteilung in St. Prokop •
Das Tagesevangelium heute (ao. Usus) ist die Perikope vom ungerechten Verwalter (Luc. 16, 1-9).
Der Prediger weist darauf hin – ohne dem zuzustimmen –, daß für den 8. Vers auch eine andere Übersetzung und ein anderes Verständnis vorgeschlagen worden ist.
Dem sei hier nachgegangen:

• Das Lob des Herrn für den ungerechten Verwalter •

W.H.W

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Die Messe: eine Kulthandlung

Sonntag, 2. August 2020

Rückwendung zum II. Vaticanum

«Die zwei Teile, aus denen die Messe in gewisser Weise besteht, die Liturgie nämlich des Wortes und die eucharistische, werden so innig untereinander verbunden, daß sie eine Kulthandlung ergeben mögen»: so bestimmte es das II. Vaticanum (Sacr. Conc. 56). Von dieser Bestimmung haben sich die nachfolgenden Liturgiereformen entschieden abgewandt: seither ist angeordnet, daß die Liturgie des Wortes der Priester an seinem Sitz zelebriert, bereits «nach dem Gesang zum Einzug» an seinem Sitz stehend «sich gemeinsam mit der ganzen Versammlung mit dem Kreuzzeichen bezeichnet» (Inst. Gen. 50.), daß er erst zur Opferung zum Altar zurückkehrt, um dort die eucharistische Liturgie zu feiern.
Im heutigen Sonntagshochamt aber hat der Kaplan dem Konzil etwas Raum gegeben: zum einleitenden Kreuzzeichen – «Im Namen des ...» – ist er noch am Altar geblieben; und zum Gebet, daß die Fürbitten beschließt, ist er bereits dahin zurückgekehrt.

NGL

Zur Kommunionausteilung spielt der Organist «Panis angelicus»; er spielt sehr gut. Als Lied nach der Kommunion ist «Gott gab uns Atem, damit wir leben» angesetzt. Daher geht der Organist nun ohne eigentliche Pause zum Vorspiel zu diesem Lied über. Vom Text her ist dieses Lied ja durchaus sinnvoll; musikalisch aber tut der Absturz herab von «Panis angelicus» weh.

W.H.W

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Gregorianisches Ordinarium und Tropen

Freitag, 11. September 2020

Geistlicher Reichtum im Kirchenkonzert

Die Sehnsucht der katholischen Messe nach katholischer Kirchenmusik bleibt leider meistens ungestillt – daran erinnerte ein Blick über die Konfessionsgrenze hinaus.
Ein geistliches Konzert in einer evangelischen Kirche mit Orgelwerken von Arvo Pärt und Johann Sebastian Bach.
Ein Sänger ist dabei. Von Bach werden drei Choralbearbeitungen zu einem deutsch tropierten Kyrie aus dem Drittem Theil der Clavier-Übung (BWV 669-671) gespielt. Hier singt der Sänger die deutschen Kyrietropen. Die drei Tropen sind, der guten Tradition gemäß, an die drei Personen der Dreifaltigkeit gerichtet. Solch richtige Ansprache findet sich in den zahlreichen deutschen Kyrietropen des GL nicht.
Eines der Werke von Arvo Pärt, die gespielt werden, ist Annum per annum. Die mittleren Sätze dieses Werks beziehen sich auf die fünf Stücke des Ordinarium missæ. Hier singt der Sänger vor jedem dieser Sätze das jeweilige Stück in einer der gregorianischen Fassungen. Der Gesang macht die geistliche Bedeutung der Instrumentalwerke spürbar; aber er hat auch Wert in sich.
Nichts für den kirchlichen Alltag, leider – der Sänger, Christian Volkmann, ist ein hochkarätiger Künstler, wie er natürlich nicht überall zur Verfügung steht. Doch es ist beeindruckend, was an geistlichem Reichtum ein Kirchenkonzert in einer Vorortkirche vermitteln kann.

W.H.W

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Das Wesentliche der Ars celebrandi

Sonntag, 25. Oktober 2020

Musiker und Zelebrant

Die Quarantäne zwingt mich wieder einmal, an der Messe nur im Netz teilzunehmen. Wieder entscheide ich mich für die Famille Missionnaire de Notre-Dame. Sie zelebriert im Novus Ordo; und es durchaus nicht alles vollkommen – die modernen Melodien des lateinischen (!) Sanctus und Agnus Dei stehen den Choralmelodien weit nach; und der Zelebrant spricht das Gebet nach der Kommunion am Legile, gibt von dort den Segen. Doch das nimmt der Zelebration nicht ihre geistliche Ausdruckskraft. Ich habe den Eindruck, daß diese Feier im ordentlichen Usus dem Außerordentlichen näher steht als dem, was in unseren Pfarreien Usus ist.
Das weist mich auf die Frage, was den Unterschied zwischen wahrer Ars celebrandi und dem liturgischen Alltag ausmacht.

Der Musiker

Der Musiker, der ein Stück vorträgt, will das Kunstwerk zum Klingen bringen; er will es selber erleben und den Zuhörern Gelegenheit geben, es ihrerseits zu erleben.
Er ist ganz Diener dieses Kunstwerks; und wo es seine Aufgabe ist, etwas Eigenes einzufügen, wie bei der Kadenz, tut er sein Bestes, sie ganz im Einklang mit dem Geist, mit dem Stil des Stückes zu spielen. Es durch eigene Beiträge aufwerten oder verbessern zu wollen liegt ihm ferne; glaubte er nicht an das Kunstwerk, so wie es ist, wäre es ihm nicht der Aufführung wert.
Das heißt durchaus nicht, daß er als Person nicht beteiligt wäre; doch er macht sich das Stück so zu eigen, daß er sich selbst dadurch einbringt, daß er das Stück zur Geltung bringt.

Der Zelebrant

Der Musiker will ein Kunstwerk erleben und erleben lassen; und das ist viel. Der Zelebrant aber will die Gegenwart des Herrn erleben und erleben lassen durch den Ritus der Kirche, der, wie der heilige Theophan der Klausner sagte, «das Gewand des Herrn» ist; und das ist viel mehr.
Darum ist er um so mehr „minister sacrorum“, Diener des Ritus der Liturgie, es ist an ihm, in ihm «das Gewand des Herrn» zu erkennen, seinen Geist, seinen Stil sich ganz zu eigen zu machen und ihm mit Hingabe zu folgen. Abwegiger noch als beim Musiker wäre es bei ihm, wollte er ihm eine persönliche Note beigeben, ihm durch eigene Beiträge nach eigenem Gutdünken etwas hinzufügen, statt zu glauben, daß der Ritus, so wie er ist, gut ist, und ihn so zur Geltung zu bringen.
Ich habe gelegentlich schon geschrieben, daß der Novus Ordo Mängel hat und durchaus nicht den Intentionen des II. Vaticanum entspricht. Aber er ist dennoch Ritus der Kirche und als solcher gut, jedenfalls besser als alle Beliebigkeit, als jedwede subjektiven Beigaben.

W.H.W

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Rorate-Messen

Advent 2020

Die Stunde der Meßfeier

Rorate-Messen durchziehen heute den Advent. Was ist ihr Ursprung?
Seit alter Zeit ist in der römischen Kirche der Samstag Maria gewidmet. Das heißt unter anderem, das samstags, wenn es für den Tag keine besondere Messe gibt, eine Marienmesse gefeiert wird (a.o. Usus) oder werden kann (o. Usus).
Im Advent ist das die Rorate-Messe. Ihr Formular wurde weitgehend übernommen vom Quatembermittwoch des Advent, der der Verkündigung an Maria gewidmet ist. Der Introitus dieser Messe ist «Rorate cæli»; er wurde von der samstäglichen Adventmesse (und ebenso vom 4. Adventsonntag) übernommen. Daher der Name Rorate-Messe. Später wurde diese Messe auch für die meisten anderen Tage das Advents zugelassen.

Und wann wollen sie zelebriert werden?

In alter Zeit war der Advent eine Fastenzeit; darum wurden die Hochämter der Kapitel und Konvente an den Werktagen des Advent zelebriert, bevor das Fasten gebrochen wird, nach der Non, etwa 3 Uhr nachmittags. Mit erlahmender Fastenbereitschaft wurde die Non immer mehr vorgeschoben, so daß „Non“ im Englischen – „noon“ – zur Bezeichnung des Mittags geworden ist.
Für Privatmessen dagegen gab es keine festgesetzte Zeit; sie waren nur auf die Zeit vom Morgengrauen bis zum Mittag beschränkt. Schließlich wurde im CIC von 1917 angeordnet, daß außer an Weihnachten Messen überhaupt nur in der Zeit von einer Stunde vor der Morgendämmerung („aurora“) bis zu einer Stunde nach Mittag zelebriert werden durften. Diese Regel wurde hinfällig, als Pius XII. Abendmessen zuließ und dementsprechend die Vorschriften für die eucharistische Nüchternheit entsprechend lockerte.
Heute können demnach Rorate-Messen zu jeder Stunde zelebriert werden; der guten Tradition aber entspricht am besten der frühe Nachmittag.
Sonderbar, zu welcher Zeit heute Rorate-Messen angesetzt werden.

W.H.W

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Morgengrauen um 10 Uhr morgens?

Weihnachten, 25. Dezember 2020

Die Meßfeier der Stunde

„Mitternachtsvorlesungen“ wurde unter Studenten Vorlesungen genannt, die um acht oder neun Uhr früh begannen. So sehr solchem Lebensgefühl auch zuzustimmen ist: chronologisch ist das nicht richtig.
Doch nachdem in der Kirche in der Nachbarschaft zuvor Rorate-Messen aus unerfindlichen Gründen zu nachtschlafender Zeit begonnen hatten, hat nun am Weihnachtstag solch ein Lebensgefühl hier die Oberhand gewonnen: die Messe, die morgens um 10 beginnt, ist die Messe in der Morgendämmerung, die „Hirtenmesse“.
Die Morgendämmerung endet mit dem Sonnenaufgang; der aber ist hier an diesem Tag schon um 10 nach 8. Um 10 ist es längst an der Zeit für die Messe am Tage. Die fällt hier nun aus – eine spätere Messe gibt es in dieser Kirche nicht mehr.
Für die Teilnehmer der Messe ein herber Verlust: der Johannes-Prolog als Evangelium fällt auf diese Weise an diesem Weihnachtsfest fort.
Nachtrag von Sonntag, 3. Januar 2021
Gut eine Woche danach am Sonntag ist noch einmal dasselbe Evangelium angesetzt. In derselben Kirche zelebriert heute ein anderer Priester. Er erklärt, daß wir nun dieses Evangelium noch einmal hören, daß es ein so wertvoller Text ist, daß es sich lohnt, es zweimal zu hören.

W.H.W

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Liturgischer Gruß und einführende Worte

Samstag, 26. Dezember 2020 – Freitag, 1. Januar 2021

Was in der Liturgie bedeutsam ist

Oft schon früher, jetzt aber ist es mir innerhalb von sieben Tagen an zwei ganz verschiedenen Orten zweimal aufgefallen: das eine Mal spult der Zelebrant zu Beginn der Messe den liturgischen Gruß schnell herunter, um dann in Ruhe zu seinen einführenden Worten überzugehen, das andere Mal atmet er hörbar auf, als er mit der Grußformel fertig ist, um dann ebenso sich seinen einführenden Worten widmen zu können.
Wir Laien haben große Achtung für unsere Priester, für ihr Amt, für ihren Einsatz für ihre Gemeinden. Aber wenn wir zur Kirche gehen, wollen wir nicht den Priester erleben, sondern unseren Herrn im Gewand (um mit den Worten des heiligen Theophans, des Klausners, zu sprechen) des Ritus der Kirche. Das heißt: die liturgischen Formeln sind wesentlich, die persönlichen Worte des Zelebranten unwesentlich. Und es ist gut, wenn dessen Stimmführung dem entspricht.

W.H.W

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Gregorianik

Samstag, 5. Juni 2021

Geistlicher Gesang: Gottesdienst, nicht Konzert

« Der Liturgische Singkreis Jena ist 1982 von Liebhabern das gregorianischen Chorals in Jena gegründet worden, nicht als Verein, sondern als Arbeitskreis der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde in Jena. »
Dieser Singkreis gestaltet heute die „JakobiVesper“, die Vesper der heute evangelischen Hauptkirche unseres Großstädtchens. Nun, es ist eine Vesper in protestantischem Sinn: Einige Vesperteile sind umgeben von einem gregorianischen Proprium, zusammengesetzt aus den Proprien verschiedener Messen, und es gibt Begrüßung, Evangelium, sine nota gelesen, und Predigt.
Aber daß der evangelische Prediger erklärt, Umkehr und gute Werke gehören zusammen, ohne die Werke reiche die Bekehrung nicht, versöhnt mit der Predigt. Und daß er das Evangelienzitat «Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich» (Lc. 10, 16) auf gregorianisch singende Mönche bezieht – die von Solesmes –, ist wirklich apart.
Und die Gesänge sind wirkliche Gregorianik, wie ich sie hier in katholischen Kirchen, soweit meine Erinnerung reicht, nie gehört habe. Und daß die Sänger es ernst meinen, zeigt sich daran, daß sie alle sich bei jedem Gloria Patri verneigen.
Die Texte erhalten wir auf dem Programmblatt. Der letzte Satz des Programms:
« Wegen des gottesdienstlichen Charakters bitten wir, von Beifall abzusehen. »

W.H.W

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Jubiläum der Diözese Dresden-Meißen

Sonntag, 20. Juni 2021

An wen wendet sich die Liturgie?

Vor hundert Jahren wurde die Diözese Meißen wiedererrichtet; aus diesem Anlaß wurde in der jetzigen Kathedralkirche der Diözese, der früheren Hofkirche in Dresden – mittlerweile ist die Diözese zur Diözese Dresden-Meißen geworden – ein Pontifikalamt zelebriert. Dieses Pontifikalamt wurde in einen Großteil der Kirchen der Diözese übertragen; in manchen Kirchen ersetzte das übertragene Pontifikalamt das Sonntaghochamt, in anderen, wie in der nahegelegenen Kirche in unserem Gründerzeitviertel, wählte man ein kombiniertes Vorgehen: der Anfang des Pontifikalamtes bis zum Ende der Fürbitten wurde übertragen, die Opfermesse wurde in der Kirche am Ort zelebriert, zur Postcommunio wurde wieder zurückgeschaltet nach Dresden.
Zelebriert wurde das Pontifikalamt vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Im Reden miteinander in der Liturgie demonstrierten die Bischöfe, wie locker freundschaftlich sie miteinander umgehen.
Das Pontifikalamt war phantasievoll gestaltet. Es gab zur Tauferinnerung eine Aspersion (freilich ohne daß Asperges me gesungen worden wäre); die zweite Lesung ging dieser Aspersion voran (die erste dagegen folgte später an ihrem richtigen Ort). Gute Sänger, einige interessante exotische Stücke, ansonsten GL-Langeweile.
Nicht nur in unserer Kirche am Ort gab es einen Bildschirm, ein gewaltiges Ding hoch überm Altar, auch in der Hofkirche stand ein Bildschirm, auf den vieles übertragen wurde; teils sah man das bei uns direkt auf dem großen Bildschirm, teils sah man die Szene aus der Hofkirche mitsamt dem kleinen Bildschirm.
Dieser Bildschirm zeigte vielerlei. Vor allem waren es Menschen, die irgend etwas zu sagen hatten, die dabei gerne auch draußen im Grünen standen. Das fand seinen Höhepunkt bei den Fürbitten: für jede Fürbitte wurden Menschen von irgendwoher eingeblendet, zum Beispiel ein Krankenpfleger oder Arzt, der zwischen (leeren) Krankenbetten stand.
Für Abwechslung wußte auch die Kameraführung zu sorgen: ständig fuhr sie hin und her zwischen dem Geschehen im Chorraum, Ansichten des Inneren der Kirche und Bildern von Gottesdienstteilnehmern.
Am Ende versicherte man sich, eine wie schöne Feier das gewesen sei.
Liturgie ist Begegnung mit dem Herrn, Ihm will sich der Gläubige im Gottesdienst mit ungeteilter Aufmerksamkeit zuwenden *. Und gerade auch bei Bitten – Fürbitten – wendet man sich ganz und allein dem zu, von dem man Erhörung erhofft. In diesem Pontifikalamt jedoch entstand der Eindruck, man wolle nicht so sehr das den Gläubigen ermöglichen, als viel mehr ihnen irgend etwas zeigen, ihnen irgendwelche Vorstellungen oder Gedanken vermitteln, sie belehren oder auch unterhalten.

* W.H.W.: Heiliger Eros. E&E 1 (1996), S. 3-9

W.H.W

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Klerikalismus

Sonntag, 26. September 2021

Der Gastgeber im Gottesdienst

«Willkommen zu diesem Gottesdienst»: so beginnt der Priester; «Im Namen des ...» folgt erst nach einigen weiteren Phrasen. So könnte man meinen, der Gastgeber im Gottesdienst sei der Priester.
Es ist Erntedank. Zwischen Legile (rechts vom Altar), Erntegaben, die zu weihen sind (links), und Priestersitz (rechts) wieselt der Priester hin und her, ohne Altar oder Tabernakel einer Kniebeuge oder Verneigung zu würdigen. Er auch bestimmt über die Liturgie; den Embolismus etwa läßt er beiseite.
So wird klar, wer hier die Hauptperson ist.

W.H.W

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Kommunionausteilung

Sonntag, 17. Oktober 2021

Er tut, was seines Amtes ist

Sonntagshochamt in der Propsteikirche. Die Zahl der Gottesdienstteilnehmer ist für coronazeitliche Verhältnisse groß. Und dennoch teilt allein der Priester die Kommunion aus.
Und natürlich dauert das länger; und natürlich ist daran nichts, was Ungemach bereiten könnte (wenn auch Organist und Cantrix leider nicht darauf vorbereitet sind).

W.H.W

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Gebet für die „Synode zur Synodalität“

Sonntag, 17. Oktober 2021

Adsumus, Sancte Spiritus

Da heute in den Diözesen die „Synode zur Synodalität“ beginnt, wurde in der Messe von allen gemeinsam das Gebet Adsumus, Sancte Spiritus gesprochen; mit diesem Gebet habe jede Sitzung des II. Vaticanum begonnen. Auch wenn das nicht ganz stimmt – dessen Sitzungen haben mit dem Gebet Adsumus, domine Sancte Spiritus des heiligen Isidor von Sevilla aus dem Ordo ad Synodum des Pontificale Romanum begonnen, von dem dieses Gebet eine gekürzte Überarbeitung ist –, so ist dieses Gebet doch wertvoll. Eine Passage daraus:
«Gib uns die Gabe der Unterscheidung,
daß wir unser Handeln nicht von Vorurteilen
und falschen Rücksichten leiten lassen.
Führe uns in dir zur Einheit,
damit wir nicht vom Weg der Wahrheit und der Gerechtigkeit abkommen,
sondern auf unserer Pilgerschaft dem ewigen Leben entgegenstreben
Was hier erbeten wird, ist das Gegenteil von dem, was in Deutschland auf dem Synodalen Weg getrieben wurde.

W.H.W

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Überlieferter und neuer Ordo

Allerheiligen, 1. November 2021

Die zwölf Stämme Israels in der Lesung von Allerheiligen

Zu Allerheiligen in Köln – so habe ich die Gelegenheit, an der Messe im überlieferten Ordo teilzunehmen. An diesem Tag ist das wichtig, weil im neuen Ordo die Lesung aus der Apokalypse entstellt wurde, indem die zwölf Stämme Israels gestrichen wurden (wodurch die Zahl 144.000 unerklärt bleibt).
Eigentlich ist die Kirche nicht schön. Sie ist in einer Art von vulgarisiertem Bauhausstil gebaut, Kreuz und Statuen – Maria und Johannes – überm Altar lassen keinen Kunstwert erkennen. Doch die Anordnung ist völlig sinngemäß, und so, verbunden mit den Riten der Messe, entfaltet sich wirkliche Schönheit.
«Ich ... muß in einer Stadt wie Berlin nur einen gewöhnlichen Sonntagsgottesdienst besuchen, um beizupflichten, wie sehr dem Christentum Schönheit heute fehlt», schreibt Navid Kermani (Ungläubiges Staunen. Über das Christentum. München 2015, Kap. Sohn). Was den Unterschied zwischen solch einer Messe im überliefertem Ordo und einem gewöhnlichen Sonntagsgottesdienst im real existierenden neuen ausmacht, ist nicht zuerst der Ordo selbst, sondern das, was im überlieferten Ordo vorgegeben ist, was im neuen – weitgehend – sein könnte und selten ist, die Art, wie im überlieferten alles auf das Geschehen am Altar ausgerichtet ist, alle sich mit ihrer Haltung, mit allen Bewegungen darauf hingewandt zeigen, jedes Wort außer der Predigt Liturgie ist, der Priester keine Gelegenheit sucht – und sie auch nicht leicht fände –, seine Wichtigkeit zu zeigen, nicht im eigenen Namen (oder gar dem des Pfarrgemeinderates) begrüßt oder «einen schönen Sonntag» wünscht (stattdessen aber kann er hier mehrmals «Dominus vobiscum» sagen, «Der Herr sei mit euch»).
So bleibt aller Raum für die überweltliche Schönheit des Gottesdienstes.

W.H.W

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  Ab Dezember 2021:
• LITURGICA VI •

Orietur Occidens